Dienstag, 5. Juli 2011

Anton LaVey und die "Church of Satan"

http://www.fs-rewi.uni-bonn.de/ss/ss6a6.htm

Anton LaVey und die "Church of Satan" 
-"P.T. Barnum said: `A sucker is born every minute.´ With the population explosion, by now there must be five." (Anton Szandor LaVey)- 
von Dominik Tischleder

Am Oktober 1997 starb Anton Szandor LaVey, der Begründer der "Church of Satan" und damit, ohne es zu wissen, Hauptideenlieferant satanischer Jugendsubkulturen und allgegenwärtiger Spielerei mit teuflischer Symbolik. LaVey war ähnlich wie etwa William Burroughs, Timothy Leary, Allen Ginsberg oder Charles Manson über Jahre hinweg eine Kultfigur amerikanischer "Gegenkultur". Im Unterschied zu etwa William Burroughs, der auf seine alten Tage noch Werbung für "Nike" machte, blieb allerdings LaVey bis zu seinem Tod ein Outsider in der amerikanischen Öffentlichkeit, was angesichts der Tatsache, daß "Outsider Kultur" und "Rebellion" so "in" wie noch niemals zuvor ist, erstaunen muß, andererseits aber auch eine Menge über LaVey und seinen Satanismus verrät. Nichtsdestotrotz kommt LaVey das (für manche recht zweifelhafte) Verdienst zu, dem Begriff "Satanismus" einen konkreten Sinn gegeben zu haben, nachdem dieser über Jahrhunderte hinweg den Status eines vom Christentum geschaffenen "Papiertigers" hatte. Mittels dieser Erfindung war es möglich, gegen leicht obskur anmutende Formen der Religiösität zu polemisieren. Die Folgen dieser "Papiertiger-Mythe" sind bis heute nicht zu übersehen, so weiß man über Satanismus generell recht wenig, außer daß man ihn wahlweise zu fürchten oder lächerlich zu finden hat. In diesem Sinne mehr "Aufgeklärte" werden dem achselzuckend entgegnen, daß LaVeyscher Satanismus eher so etwas wie eine völlig durchamerikanisierte Mischung aus vulgarisierten Aleister-Crowley-Extrakten und krudem Sozialdarwinismus darstelle, welche für "ernsthafte" Okkultisten irgendwie nicht ganz für voll zu nehmen sei. Wie auch immer, es ist wohl in der Geschichte religiöser Kulte nahezu einmalig, eine religiöse Gemeinschaft zu beobachten, die einerseits so absolut vollständig von dem Charisma einer Person abhängig ist, und andererseits nach dem Tod des "Führers" nicht zusammenbricht, sondern ganz im Gegenteil sich verhältnismäßig schnell erholt und fähig ist, so weiterzumachen als wäre nichts geschehen. Genau dies hat die "Church of Satan" jüngst vorgeführt. Im folgenden versuche ich deutlich zu machen, daß dieses Phänomen bereits in der "Lehre" der "Church of Satan" angelegt ist. Dabei ist erst einmal die fundamentale Bedeutung LaVeys für seine "Church of Satan" herauszustreichen. "Bedeutung" ist noch viel zu wenig. "LaVey" und "Church of Satan" gehen geradezu ineinander auf. Möglich wird dies vor allem dadurch, daß LaVey so gut es ging immer wieder versucht hat, seinen "Satanismus" so unabhängig wie möglich von etwaigen metaphysischen Glaubenslehren zu halten. "Satan" gilt ihm in der Tradition des literarischen Satanismus (John Milton, Lord Byron und Charles Baudelaire u.a.) als Identifikationsfigur, als tragische Metapher der Selbststeigerung, sowie als Symbol der luziferischen Rebellion gegen Fremdbestimmung. Aufgrund des Nichtvorhandenseins einer klar theistischen Grundlage wirkt die "Church of Satan" oftmals wie eine Theatervorstellung. In ihrem Selbstverständnis versucht sie so etwas wie ein Gesamtkunstwerk im Sinne Richard Wagners zu präsentieren. Ein Gesamtkunstwerk in dem Wörter, Rituale, Symbole und Metaphern weniger aufgrund ihrer Bedeutung als aufgrund ihrer ästhetischen Funktion gesucht werden, und vor allem indem LaVeys abwechslungsreiche Biographie sowie die Geschichte der "Church of Satan" der "religiösen Stimulation" halber mehr oder weniger bewußt mythisiert werden. Einzelne Stationen dieser Mythisierung sind u.a. LaVeys schauspielerische Beteiligung an Roman Polanskis Rosemary´s Baby (nach LaVey "the best paid commercial for satanism, since the inquistion") - er hat die Ehre Mia Farrow zu imprägnieren, seine Liaison mit Busenwunder Jayne Mansfield, eine Affäre mit der damals noch unbekannten Tänzerin Marilyn Monroe, zusätzlich Tätigkeiten als Löwenbändiger, Illusionist, Hypnotiseur, Variete-Künstler, Polizeifotograf, Nachtclubmusiker und als Geisterjäger für parapsychologische Magazine. Der Mythos rankt sich um Hochzeiten, Taufen und Todesfeiern im Namen Satans, um die Mitgliedschaft Sammy Davis Jr., um Annäherungsversuche amerikanischer Neonazis, um unentdeckte Geheimzimmer des "Black House" (Wohnort von LaVey in San Francisco), um LaVeys bengalischen Löwen Togare und andere nicht ganz alltägliche Haustiere und vieles mehr. Dazu kommt LaVeys außergewöhnliches Talent für dramatische Showeffekte (bombastische Orgelmusik, Stroboskope, eindrucksvolle Dekoration, Lasershows, dramatischer Ritualaufbau), was seinen Niederschlag in den "Satanic Rituals" gefunden hat. Die Rituale sind dabei aus vielen religiösen Traditionen weltweit zusammengetragen, wobei LaVey niemals vergißt, sie mit einer zum Teil frei erfundenen aber sehr fantasievollen Entstehungsgeschichte bzw. mit Literaturhinweisen zusätzlich ästhetisch abzurunden. Wegen dieses ästhetischen Überbaus ist es oftmals nicht möglich, den Satanismus von seinen theoretischen Äußerungen her zu begreifen. Worte sind oft nur dazu da, eine bestimmte Tonlage zu setzen, ein Klima zu schaffen oder Assoziationen hervorzurufen. So "glauben" Satanisten an "Satan" auch nicht im traditionell-westlichen Sinne. "Glaube" ist für einen Satanisten die bewußt selbstironische Entscheidung, sich einer sakralen Atmosphäre, einer Welt der Künste und dramatischen Effekte zu überlassen. LaVey: "I am a skeptic, although I want to believe in something. And whenever we want to believe in something so strongly we do speculate on its existence. But I need something more than pap or cliches, something more personalized. Maybe I'm practicing solipsism." (1) Zusammengefaßt läßt sich sagen, daß Satanisten sich offensichtlich leicht mit Unstimmigkeiten der Theorie abfinden. Ihre Verständigung vollzieht sich auf direkterem Wege, eben über den "Stil". Dazu kommt, daß LaVey jeden Satanisten dazu ermutigt, seinen eigenen Fetischismus bzw. das ihm zu Grunde liegende Erlebnis (von LaVey "Erotic Crystallization Inertia" (2) genannt) aufzuspüren. "Freud's 'pleasure principle' should be known to be the highest motivator for any religion... Varieties of religious experience can be as interesting as varieties of fetishism." (3) Hat man LaVey zufolge erst einmal sein "Erotic Crystallization Inertia" entschlüsselt, braucht man für seinen ganz persönlichen "Gottesdienst" nur eine alle Sinne gleichzeitig ansprechende Atmosphäre zu schaffen, die ihn in die Zeit dieser schönen Kindheitserinnerung oder einer anderen Zeit an die man gerne denkt, zurückversetzt (von LaVey "total environment" genannt). Hier wird vielleicht die Rolle, die eine bewußte Selbstinszenierung, in dem Sinne von "ich konnte ja gar kein anderer Mensch werden als der, der ich jetzt bin", die bei jedem Satanisten tendenziell auftritt, deutlich. So ist es auch nicht verwunderlich, daß Satanisten ihren Satanismus für angeboren halten: "Satanists are born not made" wie LaVey sagt. Marylin Manson, der bekannte Rockstar und Reverend in der "Church of Satan", bekennt stellvertretend für viele: "Anton gave me that extra determination I needed when I was facing the height of my opposition." (4) Für LaVey ist Satanismus nichts weiter als die Fähigkeit, einen Nachteil in einen Vorteil, Entfremdung in Exklusivität umzuwandeln. Mit "Nachteil" sind vor allem belastende, lähmende und völlig unnötige bzw. unsinnige Schuldgefühle gemeint, die LaVey zufolge, oftmals durch Religion erst entstehen. Solche Schuldgefühle machen sich vor allem im Verhältnis zur jeweils eigenen Sexualität, als auch in Form von fehlendem Selbstbewußtsein bemerkbar, wenn deutlich wird, daß man immer weniger gemeinsam hat mit den Menschen seiner Umwelt. Wenn es nach LaVey geht, bietet an diesem Punkt der Satanismus eine Hilfe zur Selbsthilfe an. Im Falle der Sexualität lautet sie demnach folgendermaßen: "You should act upon your natural instincts, and then, if you cannot perform without feeling guilty, revel in your guilt. This may sound like a contradiction in terms, but if you will think about it, guilt can often add a fillup to the senses." (5) Liest man sich weitere angebotene Hilfen der "Satanic Bible" durch, bekommt man ganz schnell den Eindruck, LaVeys Konzept würde nichts weiteres als eine Umwandlung von Keuschheit in sexuellen und sonstigen Hedonismus anstreben bzw. Entfremdung mit Gewaltverherrlichung und rüdem Elitismus begegnen. Eine Kostprobe aus der "Satanic Bible": "Are we not all predatory animals by instinct? If humans ceased wholly from preying upon each other, could they continue to exist?... Love your enemies and do good to them that hate and use you - is this not the despicable philosophy of the spaniel that rolls upon his back when kicked? Hate your enemies with a whole heart, and if a man smite you on one cheek, SMASH him on the other!" (6) Im folgenden soll nicht bestritten werden, daß Satanismus eine Form der Gewaltverherrlichung ist. Satanisten haben in der Tat kein Problem mit Gewaltanwendung jeglicher Art, insofern sie sich im Sinne Nietzsches in den Regionen "jenseits von Gut und Böse" wähnen. Allerdings ist auch an diesem Punkt nicht alles so, wie es zunächst scheint, da alles, ebenfalls im Sinne Nietzsches, bezüglich seines psychologischen Wertes, in seinem "Nutzen und Nachteil für das Leben" bewertet wird.: "Well, one of the reasons I started the 'Church of Satan' is that there was nothing else around... "Why the 'Church of Satan'? Because I know the power of certain words and the implications that they have in people's everyday lives and when something loses its impact, it becomes ineffectual. So again, alienation is often very powerful if you use it to your best advan------- tage." (7) Verbunden mit dem zentralen "Heiligtum" des lavey´schen Satanismuskonzepts, dem "Balance Factor" wird, so hoffe ich, deutlich, was LaVeys hauptsächliche Intention ist (8). Der "Balance Factor" besagt in Kürze, daß jegliche Selbsterkenntnis nur dann als eine solche bezeichnet werden kann, wenn der in jedem Satanismus inhärente Solipsismus nicht zu einer Form von unreflektieren Narzißmus erstarrt, wenn also die Objektivität der Welt nicht geleugnet wird, wenn sich die Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung angleichen. Somit ist der "Balance Factor" immer auch als ein Seitenhieb gegenüber einem sich unvermittelt austobenden Narzißmus zu sehen. Nach LaVey ist die "Sucht" zu den "Guten" zu gehören, im Sinne von "in der Mehrheit sein", "respektiert" zu werden, sowie im Sinne unreflektierter Selbstrechtfertigung, der Haupthinderungsgrund einer adäquaten Selbsterkenntnis. Letztere aber sei gerade eine der größten Waffen des Magiers. Was ist gemeint? LaVey zielt dabei auf das zentrale Konzept des satanischen Selbstverständnisses, Träger des verdrängten Teils des kollektiven Unbewußten, des "Schattens" etwa im Sinne C.G. Jungs zu sein. Darüberhinaus tritt hier der gnostische Charakter des Satanismus deutlich hervor: Satan ist für viele Satanisten nicht der höchste Gott schlechthin, sondern nur derjenige, der die undankbare Aufgabe hat, in einer Gut und Böse verzerrenden Welt, die Rolle des Sündenbocks zu spielen. Demnach ist der höchste Gott ein jenseitiger Gott, oftmals in gnostischer Tradition Abraxas genannt, der spätestens seit in dieser Welt keine Authenzität in der Weltbetrachtung mehr herzustellen ist, sondern alles nur noch "bloße" Meinung und Schuldzuschiebung ist, mit den Menschen nichts mehr zu schaffen hat. Folgen wir den Worten von Robert DeGrimston, Begründer der "Process Church of The Final Judgement", dem zweiten quasi satanischen Hippie-Kult. Die "Church of Satan" und die Process Church befruchteten sich in ihrer Lehre gegenseitig: "When as humans we justify in human terms, we run from the total darkness of the GODless world of men. We create for our own peace of mind, an artificial man-made light... That is the human game. When a man does wrong and knows he has done wrong, he tries to make it not so wrong by justifying it. He harms another man, feels the guilt, and then tries to reduce the burden of sin against himself, by blaming another, by reducing his awareness of the extent of the harm he has done, by pleading ignorance, by insisting that he only intended good, anything to create some rightness, or illusion of rightness, to relieve the sense of total wrongness... A man must feel justified, even if it means the whole hearted condemnation of another man." (9) In LaVeys zynischer Gedankenwelt ist "Gut-sein" meist unreflektierte Selbstdarstellung von "Guten Kerlen" (Goodguys). Die Hauptaufgabe für einen Satanisten und Magier ist demnach die berühmte "cui bono? (lat. wem nützt es?) Frage" zu stellen, also im Sinne Nietzsches nach dem verdeckten "Willen zur Macht" in jeder Handlung zu fragen. Ist dies bewerkstelligt, kann nach LaVey das Spiel bewußter Unterwanderung gesellschaftlicher Vorstellung von Moral beginnen, die einem "guten Kerl" erst ermöglicht, "gut" zu sein. Ein Satanist fühlt sich aber ohnehin magisch von der Ästhetik vergessener und verdrängter Dinge angezogen. "The scapegoat has always been the Devil, except in times of war when there's a universal enemy. And even today, with the massive spread of Satanism, Satanists are the only minority, the only religious group, the only special interest group that can be maligned and slandered with... Well, we're here to smash that. We're here to create a forum and give a valuable voice to all those people who are natural-born outsiders. And if using the image of the Devil helps do that, so much the better." (10) Der Clue ist allerdings, daß dieser speziellen Form von "Verantwortung", dem christlichen Konzept von Verantwortung, der Nächstenliebe, entgegensteht. Sowie allgemein im Sinne LaVeys gesagt werden muß, daß bevor eine Verantwortung dieser Art durchführbar ist, erst sämtliche hemmenden Gefühle von Schuld durch Bewußtmachung neutralisiert werden müssen, da man sonst in der "Gefahr" steht, weiter gegen sich und andere zu moralisieren - also ein "guter Kerl" zu sein. Womit wir wieder bei der Brutalität einiger Aussagen der Satanic Bible angelangt sind. LaVey würde formulieren: Solange der Mensch sich selbst noch nicht grundsätzlich Gefühle von Haß und die problemlose Möglichkeit der Gewaltanwendung gegenüber anderen zugesteht, wird er in den menschlichen Verzerrungen von Gut und Böse verbleiben. Ein weiterer wichtiger damit im Zusammenhang stehender Punkt ist der Kampf gegen "Psychische Vampire": "Many people who walk the earth practice the fine art of making others feel responsible and even indebted to them, without cause. Satanism observes these leeches in their true light. Psychic Vampires are individuals who drain others of their vital energy... They fill no useful purpose in our lives, and are neither love objects nor true friends. Yet we feel responsible to the psychic vampire without knowing why! ... Don´t waste your time with people who will ultimately destroy you, but concentrate instead on those who will appreciate your responsibilty to them, and, likewise, feel responsible to you." (11) Das Konzept des "Psychischen Vampirs" nimmt eine extrem wichtige Rolle für die "Church of Satan" ein, so wichtig, daß aufgrund dessen etwa ab 1975 die interne Organisationstruktur total über den Haufen geworfen wurde. Die "Church of Satan" verwandelte sich von einer sich um Öffentlichkeitsarbeit bemühten Organisation in eine Schattenorganisation mit möglichst wenig bzw. keinen internen Treffen. Damit sollte psychischer Vampirismus, gegenseitige Abhängigkeit bzw. gegenseitiges Abhalten von den wirklich "wichtigen Dingen" im Leben gar nicht erst möglich gemacht werden. Zu diesen "wichtigen Dingen" gehöre Satanismus nur, wenn er eine entsprechende Motivation für das "wahre" Leben "da draußen" darstelle und nicht nur zu Geschwätzigkeit führe. LaVey zufolge sollten mit diesem Schritt "dependent, parasitic personality types" aus der "Church of Satan" vertrieben werden, "Occultniks" wie LaVey sie nennt. "I don't have much truck with those that want to learn the names of all the demons and stand within the pentagram, etc., etc.... I mean this is so damn ephemeral, it's really like hanging out one's shingle saying, "I'm an expert in the black arts. I'm an occultist." That doesn't really say anything and leaves a pretty wide open field for people who can't do anything else." (12) Heute hat die "Church of Satan" gerade ihre Funktion darin, ihren Mitgliedern das Gefühl zu geben, daß sie mit ihrer Lebensweise nicht alleine sind. Blanche Barton, LaVeys dritte Frau und seine Nachfolgerin als "High Priestess", schreibt: "Because Anton LaVey has maintained the standard of 'what you are inside is dictated by what you are outside', we have become more of a professional cabal than just another occultic circle-jerk." (13) Nichtsdestotrotz gibt es eine "interne" Hierarchie, indem absolut diktatorisch LaVey Menschen zu satanischen Priestern ernannte, die er für würdig hielt: "If I make someone a priest it's because of them; they impress me as being qualified. It's not what they've studied, it's what they've accomplished in the real world. So the lodge-head types are very frustrated when they can't come around here and be bigshots." (14) Da jedoch weder LaVey noch diese Priester von "normalen" Mitgliedern irgendetwas verlangen, ist diese Hierarchie als eine der vielen satanistischen Paradoxien anzusehen. Vielleicht werden nun auch die gebetsmühlenhaft sich wiederholenden extrem misantrophisch-elitären Äußerungen LaVeys und anderer Satanisten verständlich. Nun, Beispiele werde ich mir sparen, es ist allerdings erstaunlich, wie im Dunstkreis des LaVeyschen Satanismus eine Jugendkultur entstanden ist, welche auf ihre Entfremdung stolz ist. Völlig unbekümmert werden Massenmörder gefeiert, Comics produziert wie "Murder can be fun" und ebenfalls unbekümmert (was gerade in diesem Fall nicht das gleiche wie "unreflektiert" ist) Insignien des Nationalsozialismus hervorgeholt. Was passiert mit Jugendlichen, wenn Haß und Gewalt in der "Satanic Bible" und anderen Schriften dieser Art rehabilitiert werden? Pal Mathiesen, ein norwegischer Theologe gibt seine Befürchtungen anläßlich zahlreicher von Satanisten (allerdings welche, die nicht in Verbindung mit der "Church of Satan" stehen) begangener Kirchenbrandstiftungen kund: "What they (die Satanisten) do is say it´s okay to hate, it´s a good thing, a natural thing, to hate. That is true, it is natural for human beings to hate...The look upon it that we have been false, by saying we can be good or moral. They look upon that as being untruthful to human nature, and that´s correct. The whole Christian project of civilization tries to say that human nature has to be put a little bit to the side-we can´t build civilization if we just base it on human nature...The effect of Satanism today, to legitimize people being evil, to legitimize people hating each other- that cannot and will not help anything... I understand the motivations for it and the psychological aspects of it, but if they understood anything about the effects of what they are doing, they would stop doing it very fast. It´s because they are naive about the effects of that mentality, I think legitimize hatred is the most dangerous thing human beings can do, if you look at Hitler or someone similar. That´s what he said _ "It´s okay to hate." It´s okay to hate jews. And the serbs say it´s okay to hate the Muslim. When you say that it´s okay to hate someone, then you step over a borderline in your own psyche and everybody knows what happens afterward. It´s not good. I think Satanism in that aspect is definately evil in any society." (15) Ohne Frage hat Pal Mathiesen hiermit Recht, doch ist dies die Form von Hass, die LaVey im Auge hat? Ein ironischer Klappentext des Answer Me! Magazins gibt hier vielleicht Auskunft (Im Answer Me! Magazin finden sich Artikel mit Namen wie "I hate people", "The Homeless can eat shit", neben Hitlisten der 50 besten Massenmörder oder der 100 besten Selbstmorde inklusive mancher Abschiedsbriefe): "Your stubby undeserving fingers hold the entire first three issues of Answer Me! Magazine. If you read Answer Me! You will build self-esteem by exploiting the suffering of others. Through the fine art of Scapegoating you will learn to blame the world for your problems. Hate everyone you see today. You´ll feel better. Hatred is the easy way out. Hatred will heal you. Hatred is the only answer." (16) Wenn das noch Haß ist, ist es sicherlich eine seltsame Form von Haß, sozusagen ein sich reflektierender Haß. Satanisten nennen dies "Schadenfreude-Therapie" mit der sie ihr Pariah-Dasein lindern möchten. Ob dies nur ein Vorwand für Assozialität ist, will ich hier nicht entscheiden, allerdings muß das Außenseiter-Gefühl immens ausgeprägt sein, um zu solchen Mitteln greifen zu müssen. Zurück zu LaVey: Schon zu Lebzeiten fingen enttäuschte Ex-Freunde, sowie Journalisten an, LaVeys von Mythen durchsetztes Leben auf seinen Wahrheitsgehalt zu überprüfen, dabei kam eine Menge ans Licht: Anton Szandor LaVey heißt eigentlich Howard Stanton Levy, war niemals Löwenbändiger beim Zirkus, hat auch niemals als Fotograf bei der Polizei gearbeitet, war vermutlich nicht der Teufel in Rosemary´s Baby und hatte niemals eine Affäre mit Marylin Monroe. Wie endet Lawrence Wright, der Journalist der diesbezüglich vieles aufgedeckt hat: "I DON'T WANT THE LEGEND TO DISAPPEAR," LaVey told me anxiously in our last conversation, after I confronted him with some of the inconsistencies in his story. "There is a danger you will disenchant a lot of young people who use me as a role model." .... "I'd rather have my background shrouded in mystery." (17) Aufmerksame Leser werden sicherlich gemerkt haben, daß Satanismus eine besonders raffinierte Form der Selbsttäuschung ist, doch auch dieser Vorwurf kann LaVey nicht mehr überraschen. So könnte über dem ganzen "Spaß" folgende Worte LaVeys stehen: "It's fun to fool myself. It's like saying, 'I know I'm deluding myself'. I know this is fantasy. I know I'm not being honest with myself. But it's the best way for me to do it. It's like politics, sort of... 'if they don't want to say who they're going to vote for, at least they get behind that curtain and they know themselves and who they're going to vote for'. Basically this is what they would realize, that is, 'I am this way'. But how many people can even recognize, much less admit it to themselves, for a fleeting instant from time to time?" (18) Womit dem Teufel als Gott der Lügen und Masken wieder die Ehre erwiesen wäre. Als Reporter Karla LaVey, seine Tochter, fragten für was man LaVey in Erinnerung behalten solle, sagte sie: "for providing an alternative for people who feel different." (19) Darauf kann man sich vielleicht einigen.

Quellenangaben:

(1) Lawrence Wright: Sympathy for the Devil (Rolling Stone Mag. 1986) - www.maledicta.com/lavey/entrance.html

(2) A. S. LaVey: Erotic Crystallization Inertia in: Ders. The Devil´s Notebook, Portland 1992 S.72-76

(3) Ders. The World´s Most Powerful Religion (Cloven Hoof Bulletin # 127)- www.coscentral.net/cos/home.html

(4) Mike Roswell: A.S. LaVey 1930-1997 (Spin Magazine Feb. 1998) - www.maledicta.com/lavey/entrance.html

(5) A.S. LaVey: The Satanic Bible, New York 1969 S. 53

(6) Ders. S. 33

(7) E. Robinson interviewt LaVey (1986) - www.coscentral.net/cos/home.html

(8) A.S. LaVey: The Satanic Bible, New York 1969 S. 127ff.

(9) Robert DeGrimston: A Candle in Hell - www.process.org

(10) Boyd Rice interviewt LaVey (Seconds Magazine 1997) - www.maledicta.com/lavey/entrance.html

(11) A.S. LaVey: The Satanic Bible, New York 1969 S. 75-80

(12) E. Robinson interviewt LaVey (1986) - www.coscentral.net/cos/home.html

(13) Blanche Barton: Sycophants Unite (1996) - www.coscentral.net/cos/home.html

(14) Michael Moynihan interviewt LaVey (Seconds 1994) www.maledicta.com/lavey/entrance.html

(15) Michael Moynihan interviewt Pal Mathiesen in: Ders./Didrik Söderlind Lords Of Chaos, Venice 1998 S. 211-222

(16) Answer Me! The First Three, Portland 1994

(17) Lawrence Wright: Sympathy for the Devil (Rolling Stone Mag. 1986) - www.maledicta.com/lavey/entrance.html

(18) E. Robinson interviewt LaVey (1986) - www.coscentral.net/cos/home.html

(19) Mike Roswell: A.S. LaVey 1930-1997 (Spin Magazine Feb. 1998) -www.maledicta.com/lavey/entrance.html

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